Johanna Lenth | 07.10.2018

Doctor Who – Der neue Doctor ist eine Frau!

Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist Doctor Who ein wichtiger Bestandteil britischer Fernsehkultur. Denn bereits seit den Sechzigern genießt die Sci-Fi-Serie rund um den mysteriösen Zeitreisenden, der sich nur „der Doctor“ nennt, äußerste Beliebtheit. 2005 katapultierte der britische Sender BBC den Doctor und seine TARDIS in ein neues Zeitalter mit zahlreichen Welten und Dimensionen, aber auch mit alten Bekannten.

Doch zunächst eine kurze Geschichte der Zeit…

Wir schreiben das Jahr 2017. Um genau zu sein, den 16. Juli. Und etwas Großes steht bevor: Die Bekanntgabe des neuen Doctors. Der spannendste Augenblick in meinem Leben als Whovian. Nachdem ich mich schmerzlich von meinem geliebten, einzig wahren und unübertroffenen Doctor verabschiedet habe, ist es Zeit für eine neue Ära. Bald muss ich mich an ein neues Gesicht gewöhnen. An einen neuen Doctor, neue Begleiter und eine umdekorierte TARDIS. Nur die Tarnung der legendären Zeitmaschine ist alles was bleibt – die vertraute blaue Polizeibox!

It’s a Girl!

Doch mit der Ankündigung des inzwischen 13. Doctors fühlte es sich jedoch so an, als hätte es eine Riesen-Erschütterung im Whoniverse gegeben: Der neue Doctor ist eine Frau? Was, warum und wie ist das überhaupt möglich?
Ein neuer Doctor sorgt immer für Aufregung und kritische Reaktionen. Das ist ein Verhaltensschema, das sich unter uns Whovians so etabliert hat. Auch Matt Smith (11. Doctor) hatte es nach David Tennant (10. Doctor) schwer und erst recht, als ein wesentlich älterer Peter Capaldi mit grauem Haar die Rolle des 12. Doctors übernahm, war die Kritik durchwachsen. Und doch war einer genialer als der andere.

Und dann kam das Internet…

Dieses Mal hatten mich die Kommentare unter den Bekanntgaben auf Facebook, YouTube und Co. erschüttert. Nicht nur prophezeiten einige (wohl ehemalige) Fans das Ende der Serie aufgrund der weiblichen Besetzung: „Eure Marke stirbt. Danke, dass ihr euch dem Feminismus-Trend und der Politik unterwerft und so eine der besten Serien aller Zeiten ruiniert.“, lautete einer der vielen Kommentare auf Facebook. Unter anderem wurde die Trauer um den Verlust des männlichen Vorbildes bekundet. Ich bin keine Verfechterin des radikalen Feminismus, aber bei den Kommentaren dröhnten einige Dalek-Stimmen in meinem Kopf.
Persönlich hatte ich nie ernsthaft über eine weibliche Verkörperung des Doctors nachgedacht. Das liegt nicht unbedingt daran, dass ich nicht glaube, dass der Doctor eine Frau sein könnte. Doch bisher haben immer nur Männer die Rolle meines liebsten Weltenretters übernommen und das hat sich eben so etabliert. Durchaus begeistert war ich aber von der weiblichen Inkarnation des Masters, einer der größten Gegenspieler des Doctors und ebenfalls ein Time Lord. Und der war als „Missy“ in der 10. Staffel einfach nur der Wahnsinn!

Was ist schon unmöglich?

Ob Mann, Frau, jung oder alt: Bei Doctor Who war doch eigentlich noch nie etwas unmöglich. Der Doctor selbst ist ein humanoides Alien, ein Time Lord vom Planeten Gallifrey, der mit einer Zeitmaschine durch Raum und Zeit reist und die Welt vor Daleks, Cybermen, weinenden Engeln und Co. rettet. Neben einigen weiteren biologischen Besonderheiten hat er zwei Herzen und durchlebt jetzt seine 14. Reinkarnation. (Ich hoffe, ich habe richtig gezählt.)
Doctor Who lebt von einer gewissen Eigendynamik. Mir gefiel schon immer die Mischung aus Gewöhnlichem und Unkonventionellem an der Serie. Science-Fiction, die in der Alltagswelt spielt und ein eigensinniger Weltenretter, der sich auf die feine englische Art frei von den gewöhnlichen Superhelden-Klischees macht. Als Held muss der Doctor sich meistens erst mal beweisen, denn nicht selten wird er als verrückt abgestempelt. Seine irdischen Begleiter hingegen führen meist ein recht normales Leben und versuchen ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, bis der Doctor alles durcheinanderbringt. Die gemeinsamen Abenteuer entwickeln sowohl die Begleiter als auch den Doctor immer weiter, auch wenn manchmal ein paar Rettungsaktionen nötig sind.

Neben der ganzen Wibbly-Wobbly-Timey-Wimey Geschichte geht es um viel mehr als um Geschlechterrollen. Vielmehr stehen Freundschaft, Verständnis und Toleranz mit einem gewissen Übermaß an Witz im Vordergrund. Umso neugieriger bin ich natürlich darauf, wie sich die Serie mit einer weiblichen Verkörperung und gleich drei neuen Begleitern entwickelt, für die ich übrigens schon Feuer und Flamme bin. Ich denke nicht, dass etwas vom Zauber der Serie durch die weibliche Rolle des Doctors leiden wird. Die Teaser wirken bunter, besser und detailreicher produziert als je zuvor und ich kann mir vorstellen, dass durch den neuen Stil auch ein neues Publikum die Serie für sich entdeckt. Das lässt mein Sci-Fi-Herz natürlich höherschlagen.

Es ist an der Zeit…

Und jetzt ist es endlich soweit! Die neue Staffel läuft seit dem 7. Oktober im BBC an. Doch für uns deutsche Fans ist es gar nicht so einfach, die aktuellen Staffeln in Deutschland zu schauen. Netflix streamt aktuell nur bis zur 9. Staffel, Maxdome dafür so aktuell wie möglich. Was in Großbritannien das Abendprogramm füllt, darauf müssen wir deutschen Whovians sehnsüchtig hoffen und warten. Zumindest sorgt ein öffentlich-rechtlicher Sender dafür, dass die 10. Staffel erstmals im deutschen Fernsehen läuft. So ist bei mir jeden Dienstagabend zum Doctor Who Abend geworden.
Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was die neuen Folgen mit sich bringen und wie die Reaktionen dann ausfallen. Auch wenn ich wie immer mit etwas Wehmut auf meine Lieblingsstaffeln zurückblicke, war das Ende bei Doctor Who auch immer der Anfang von etwas Neuem und Kreativem. Deswegen denke ich mir jedes Mal: „Ohne die nächste Regeneration hätten wir das Beste verpasst!“

Jetzt übergebe ich das Wort an euch. Was denkt ihr? Wird die Neubesetzung des Doctors die Serie grundsätzlich verändern?

WhatsApp Chat starten